Magdaléna Platzová: Lesung im Café im Schaezlerpalais
Von Felice Bauer (geboren 18. November 1887 in Neustadt in Oberschlesien; gestorben 15. Oktober 1960 in Rye, New York, USA), der zweimaligen Verlobten von Franz Kafka, hatte die Literaturwissenschaft lange kein klares Bild. Innerhalb von fünf Jahren verfasste der Schriftsteller hunderte von Briefen an sie. Vierzig Jahre bewahrte sie die Briefe des Mannes auf, der sie verlassen hatte und verkaufte das Konvolut in einer Zeit, in der das Interesse an Kafka wieder wuchs – aber nicht an ihr oder der Beziehung selbst. Wer war eigentlich Felice Bauer, die sich als junge Frau in Berlin als Prokuristin in einer Firma für moderne Büromaschinen Karriere gemacht hatte und nach der Trennung von Kafka später mit dem Bankier Moritz Marasse verheiratet war?
Anfang der 1930er Jahre emigrierte sie mit ihrer Familie über die Schweiz in die USA. Die handwerklich und technisch interessierte Felice war auch dort sehr tatkräftig und ernährte ihre Familie durch verschiedene geschäftliche Aktivitäten, darunter ein Catering-Service und ein Strickwarengeschäft.
Die Autorin des teils fiktionalen, jedoch akribisch recherchierten Romans, Magdaléna Platzová, machte sich 2010 auf Felices Spuren in den USA. Sie begegnete deren Sohn und seiner Familie und schuf aus diesen Eindrücken ein Buch, das nicht nur von Felice Bauer handelt, sondern auch von anderen Menschen, die Franz Kafka nahestanden: Grete Bloch, Ernst Weiss, Max Brod und Salomon Schocken. Von Berlin über Genf nach Los Angeles, mit Zwischenstationen in Paris, New York und Tel Aviv über San Donato bei Florenz und Pontresina in der Schweiz und wieder zurück nach New York führt die Autorin ihre Leser*Innen.
Nach Veröffentlichungen auf Englisch, Französisch und Serbisch ist nun auch im Balaena Verlag in Landsberg am Lech die deutsche Übersetzung von Kathrin Janka erschienen. Die deutsche Lesereise der Autorin und ihrer Übersetzerin führte sie als letzte Station nach Sulzbach-Rosenberg, Regensburg und München am 14.11.2024 nach Augsburg. Magdaléna Platzová hatte zu ihrer Lesung einige zeitgenössische Fotografien im Gepäck, die das Leben der Protagonistin Felice illustrierten. Mit dem interessierten zweisprachigen Publikum entspann sich daraufhin eine anregende Diskussion: Welches Frauenbild vertrat Felice Bauer, wie nahm sie die technischen Entwicklungen in den USA auf und wie reflektierte sie ihre Beziehung zu Kafka?
Im Nachspann fand noch ein Treffen mit den beiden und der DTG Augsburg in den Zeughausstuben statt.