Zu den größten Kindern der Augsburger Partnerstadt Liberec (dt. Reichenberg) gehört der Schriftsteller Otfried Preußler. Ihm wurden posthum am 14.05. von Bürgermeister Jaroslav Zámečník in einer feierlichen Zeremonie die goldene Medaille der Stadt verliehen. Diese wurde von seiner Tochter Susanne Preußler-Bitsch mit großer Freude entgegengenommen. Eingeladen waren u.a. jeweils eine Abordnung der Deutsch-Tschechischen Gesellschaft Augsburg und Schwaben und des Reichenberger Heimatkreises.

Während Otfried Preußlers Name in Pullach verbannt wurde, ehrt ihn seine Geburtsstadt als großartigen Kinderschriftsteller mit einem liebevollen, versöhnlichen Blick auf die Welt. Folgerichtig wurde die Veranstaltung mit einem Auftritt des örtlichen Kinderchors eingeleitet. In der Laudatio wurde explizit darauf verwiesen, dass Preußler eben Kind seiner Zeit war, der seine jugendliche Tätigkeit für die Propagandakompanie und seine Verstrickung in das NS-Regime in seinem Leben und Werk reflektiert und aufgearbeitet hatte.

Die Helden seiner Kindergeschichten der Nachkriegszeit nehmen einen bleibenden Platz in der Seele eines jeden Menschen ein, der mit ihnen aufgewachsen ist. Er hat oft gesellschaftliche Außenseiter in den Mittelpunkt gerückt, Persönlichkeiten, die zunächst in keine Schublade passen. Wer hat den Räuber Hotzenplotz und das kleine Gespenst nicht ins Herz geschlossen? Werte wie Freundschaft, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit prägen sein Werk. Die Erzählung „Der kleine Wassermann“ ist ein frühes Beispiel für ökologische Erziehung.
Im Zentrum der Ehrung stand allerdings Preußlers Erzählung „Der Gloria-Engel“, in der die Figur Trenkler 20 Jahre nach der Vertreibung der Deutschen aus der CSSR sein Geburtshaus in Liberec wieder besucht und vom Ehepaar, das inzwischen darin lebt, aufgenommen wird. Sie endet versöhnlich: „Sie beide wünschten ihnen in ihrem Haus weiterhin alles Gute- und viele gemeinsame Jahre noch unter seinem Dach, in Gesundheit und Frieden.“ So steht Otfried Preußler stellvertretend auch für die Aussöhnung mit diesem schmerzvollen Kapitel der Geschichte.

Im Anschluss an die Veranstaltung wurde zu einem Buffet geladen, das reichlich Gelegenheit zur internationalen Begegnung gab. Tags darauf folgte eine literarische Stadtführung, während der auch Preußlers Geburtshaus besucht wurde. Vielleicht wohnt dort auch eines Tages eine kleine Hexe.